Um zu zeigen, wie unterschiedlich Hochbegabung aussehen kann, haben wir Profile unserer Kinder erstellt, in denen wir von Geburt bis zum heutigen Tag die wichtigsten Dinge rund um ihre Hochbegabung festhalten. Diese Profile werden regelmäßig auf den aktuellsten Stand gebracht.
Unsere Älteste war das zweite Kind unserer Familie, bei dem eine Hochbegabung festgestellt wurde. Dabei gab es im Nachhinein viele Anzeichen, die wir hätten erkennen können. Aber immerhin durfte sie als erste eine Testung mitmachen.
Frühe Kindheit
Aber starten wir das Profil der Reihe nach. Als Baby wirkte sie schnell sehr aufmerksam und ein erstes Lächeln ließ nicht lange auf sich warten. Mit etwa sieben Monaten entdeckte sie das Krabbeln für sich und um ihren ersten Geburtstag herum begann sie zu laufen.
Wir hatten früh, etwa mit fünf Monaten, mit Babyzeichensprache angefangen, da unsere Kinder zweisprachig mit Deutsch und Englisch aufwachsen und wir eine Brücke zwischen den Sprachen schaffen wollten. Außerdem gefiel uns die Idee, dass Kinder sich so schon begrenzt verständlich machen können, bevor sie die Fähigkeit zu sprechen erwerben.
Unsere Bemühungen schienen jedoch zunächst wenig Erfolg zu zeigen. Um den ersten Geburtstag beherrschte sie nicht mehr als zehn Zeichen. Kurz danach kam aber eine regelrechte “Zeichenexplosion” und innerhalb weniger Wochen wuchs ihr “Wortschatz” auf fast 100 Zeichen an, mit denen sie auch anfing, Sätze zu bilden.
(Eine kleine Zeichenanekdote kann ich mir nicht verkneifen: als wir im örtlichen Tierpark waren, lief uns ein Truthahn über den Weg. Das Gesicht unserer Ältesten zeigte große Verwunderung über den seltsamen Vogel. Wir erklärten ihr, dass es etwas Ähnliches wie ein Huhn sei. Ohne mit der Wimper zu zucken, machte sie ein dazu passendes Zeichen: “kochen”. Wer möchte, darf hier ein Zeichen für besonders früh vorhandenen Humor erkennen.)
Die Zeichenphase war dann fast so schnell wieder beendet, wie sie gekommen war, denn bald darauf erlernte sie erste Wörter und die Notwendigkeit für Zeichen war nicht länger vorhanden.
Kindergartenzeit
Sie war unser erstes Kind und Hochbegabung war nicht mal ansatzweise auf unserem Radar, so dass ich bis zum Beginn der Kindergartenzeit nichts Berichtenswertes mehr in Erinnerung habe. Mit etwa 2 Jahren und 10 Monaten wurde sie dann im Kindergarten eingewöhnt. Zunächst war sie sehr kontaktscheu und machte im Wesentlichen “ihr eigenes Ding”.
Nach einiger Zeit fiel uns dann auf, dass sie hauptsächlich mit den Vorschulkindern Kontakt suchte und ansonsten meistens bei der Erziehern zu finden war. Relativ bald erwähnten diese dann auch, dass sie mit gleichaltrigen Kindern keine gemeinsamen Interessen habe. Und nach wenigen Wochen fragte sie mich morgens auf dem Weg zum Kindergarten, ob das denn jetzt noch lange so weiterginge und wann es denn mit der Schule losgehe.
Sie interessierte sich sehr früh für komplexe Themen und löcherte uns mit Fragen über Fragen. Auch Zahlen hatten es ihr besonders angetan. Schon im Kindergartenalter entwickelte sie auch einen ausgeprägt “älteren” Humor und konnte sarkastische Bemerkungen verstehen und später auch selbst anwenden.
Frühe Einschulung
Aufgrund ihres großen Interesses an der Schule entschieden wir uns, sie zwei Monate vor ihrem sechsten Geburtstag einschulen zu lassen. Als sie in der Zeit davor Interesse an Buchstaben zeigte und zu lesen versuchte, förderten wir das nicht gezielt, denn wir wollten ja verhindern, dass sie sich in der Schule langweilte, wenn es endlich losging.
In der Schule kam sie von Anfang an gut mit und wir hatten das Gefühl, mit der früheren Einschulung alles richtig gemacht zu haben. Was uns bald Sorgen bereitete war ihre Einstellung zu den Hausaufgaben. Aber dazu und wie es dann weiterging gibt es ja mehr im Beitrag zum Hausaufgaben-Theater.
Heute
Im Moment geht sie, gerade 8 geworden, in die vierte Klasse. Sie besucht mit viel Freude einige Nachmittagskurse an dem Gymnasium, das sie nach den Sommerferien besuchen möchte. Ihre Noten sind durchwachsen, was nach einem Klassensprung nicht ungewöhnlich ist. Was uns beeindruckt ist ihre gewachsene Selbstständigkeit – sie plant jetzt ihre Hausaufgaben selbst, übt aus eigenem Antrieb für Klassenarbeiten und übernimmt auch sonst Verantwortung für ihr Schulleben.
Defizite sehen wir noch im Bereich der Selbstorganisation. Im sozialen Bereich ist aufgrund ihrer stark introvertierten Persönlichkeit auch immer noch Raum für Verbesserungen. Viele soziale Konventionen sind für sie anstrengender umzusetzen als für die meisten Kinder, wobei ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn die kleinen Defizite oft vergessen lässt.
Wir sind schon sehr gespannt, wie es an dieser Stelle weitergeht…
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